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Wo bleiben die Spitzenköchinnen in der Region?

Es ist noch gar nicht lange her, dass erstmals in einem Restaurantführer die Kategorie „Köchin des Jahres“ auftauchte. Höchste Zeit! Frauen sind in der Sterneküche unterrepräsentiert, gerade mal 5% der 340 deutschen Sternerestaurants haben Cheffinnen, nur 10% der Köche sind Köchinnen. Wie kommt das? Offensichtlich werden Frauen in dieser Männerdomäne Chancen verwehrt. "Frauen müssen sehr viel mehr leisten als Männer, um als gleichwertig betrachtet zu werden" und „dabei haben sie nicht weniger Talent“ meint Irma Steiner, Köchin der Jahres 2024. Dazu gekürt hat sie das Team des Restaurantführers Gault Millau.

Hätte es diesen Titel schon vor 25 Jahren gegeben, so wäre er ganz sicher Margarethe Bacher aus Neunkirchen verliehen worden. Sie galt Kritikern als die „beste deutsche Köchin“, ihren Stil nannten sie die „Bacher-Linie“: eine Mischung aus einer leichten „nouvelle cuisine“ der 1980‘ Jahre verbunden mit klassischen, anmutenden Kombinationen. Damit prägte die „Grand Dame“ eine Generation von Köchen - Männer wie Frauen. Von ehemaligen Mitarbeitern wird sie als unermüdlich, sorgfältig und perfektionistisch geschildert, aber auch liebenswürdig und fürsorglich. Die Kombination von Talent, Fleiß und Disziplin sowie Menschlichkeit war wohl die Erklärung ihres Erfolges. Etliche ihrer männlichen Mitarbeiter schafften es in die vorderste Reihe der prämierten Köche. Von den zahlreichen Frauen aus ihrer Küche ist leider keine in der Sternegastronomie gelandet.

Umgangsformen in Küchen sind oft ruppig und manchmal auch sexistisch, wenn die Leitung keinen Riegel vorschiebt. So scheuen viele exzellente Frauen die führenden Rollen in der Gourmetgastronomie, oder sie bekommen darüber hinaus nie die Chance, die ihnen gebührt. Heinz-Peter Koop, langjährige Lehrer der Saarbrücker Berufsschule und Gourmetkoch, konstatiert, dass er begnadete Köchinnen in seinen Reihen und Klassen gesehen hat, die aus dem Beruf gegangen sind oder die „Nebenrollen“ wie Patissière spielen, weil ihnen die wichtigen Posten von den „Chefs“ nicht zugetraut werden. Auch Kinderwünsche und Familienplanung lassen sich häufig nicht mit Arbeitsbedingungen der Restaurants vereinbaren.  

Der weibliche Anteil der Absolventen der hiesigen Meisterschule ist gering. Eine von ihnen ist die Saarländerin Yvonne Fries. Einige Jahre arbeitete sie bei Lea Linster in Luxemburg und genoss ihre Förderung. Lea Linster war die erste Frau, die einen der berühmtesten Preise für Köche, den „Bocuse d’Or“, erhielt. Auch sie berichtet, wie sie in ihren Stationen „kleingehalten“ wurde. Mit Ehrgeiz und Talent schuf sie aus dem kleinen elterlichen Betrieb eines der besten Restaurants des Landes. Bundesweite Aufmerksamkeit erregt Yvonne Fries mit dem Gewinn des Kochwettbewerbs „The Taste“ bei SAT 1. Sieben Jahre hatte sie ihr eigenes ambitioniertes Restaurant (Altes Pförtnerhaus in Quierschied). Schade, dass ihr niemand die Restaurantleitung eines Gourmetrestaurant angeboten hat.

Irma Steiner leitet die Küche des „Hirschen“ in Sulzburg (Schwarzwald). Schon ihr Vater war dort mit Michelin-Sternen prämiert. Der Gault Millau 23/24 hat sie zur „Köchin des Jahres“ gekürt. In ihrer Küche arbeiten genauso viele Frauen wie Männer. Das tut dem Klima gut. Die Frauen „sind nicht weniger kreativ, nicht weniger belastbar. Männer sind konkurrenzbetonter, Frauen gar nicht, die machen einfach ihr Ding."

Chancen haben Frauen, wenn sie im familiärem Umfeld Raum bekommen. Das ist aktuell zum Beispiel in Schloss Berg bei Christian Bau zu sehen. Der 3-Sterne-Koch hat das Talent seiner Mitarbeiterin und jetzigen Gattin Sarah erkannt. Er gibt ihr die Chance, als Sous-Chefin und damit zentraler Figur in dem Spitzenrestaurant die Küche prägend zu gestalten. 

Knapp hinter Saarlands Grenze, wirken zwei Köchinnen, die es ebenfalls zu Sterne-Ehren gebracht haben. In Stiring-Wendel, verantwortet Lydia Egloff die Küche der „Bonne Auberge“. In Hermeskeil-Neubrücke steht Christine Detemple-Schäfer im „Le Temple“ seit 25 Jahren zusammen mit ihrem Mann am Herd. Die „Bonne-Auberge“ der Schwestern Egloff, galt lange als „das beste Restaurant Saarbrückens“, bevor die Sterneküche in der Landeshauptstadt während der letzten Jahre erstarkte.     

 

Die gutbürgerliche Gastronomie der Region wird erfreulicherweise seit Jahren auch von Frauen geprägt. Oft gilt: „sie sind ihre eigene Chefin“. Sigrune Essenpreis Im „Landgasthof Paulus“ (Sitzerath) kreiert klassische Gerichte mit Qualitätsprodukten und viel Liebe zum Detail. Einige Kilometer weiter hat Anja Faust-Spanier ihre Wirkungsstätte im „Landhaus Spanier“ (Otzenhausen). Sie überrascht mit ungewöhnlichen Kombinationen von Kräutern, Blumen, Obst und Gemüsen gepaart mit Fleisch von Lieferanten aus der Nähe. In Hüttersdorf kredenzt Rita Schmidt in ihrem „Ritas Natur- und Vollwertrestaurant“ eine originelle, schmackhafte Küche mit guten Bioprodukten. Bei allen Genannten spielen die pflanzlichen Produkte eine zentrale Rolle.

Anna Keller aus der „Werns Mühle“ in Ottweiler hat ihr Handwerk in der Sternegastronomie gelernt. Die Gewinnerin des diesjährigen Wettbewerbs „Genussgastwirt Saarland“ nennt Stärken der Frauen: Sie kreieren „etwas subtiler“ und haben einen stärkeren Blick auf die Vielfalt vegetarischer Komponenten. An der Seite ihres Vaters gestaltet sie die Karte des Hauses kräftig mit.  

Die Entwicklung bleibt spannend – hoffen wir, dass sich immer mehr Frauen   den Weg zur Spitzenköchin zutrauen und ihre Kochkünste nicht verloren gehen!

 

 

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