Kolumnen

Kürbisse sind nicht nur eine ideale Deko!

13.9.24

Wer im Herbst an Kürbis denkt, dem fallen wunderbare Dekorationen mit bunten Zierkürbissen ein. Überall gibt es Kürbisfeste. Oft sind großartige Kunstwerke aus Kürbis zu bestaunen oder auch zu erwerben. Vielfach wird zum Selberschnitzen und Aushöhlen eingeladen. Die fertigen Köpfe sind mit einem Teelicht versehen zu Halloween eine passende Beleuchtung vor der Haustür. Aber Kürbis wird auch kulinarisch immer beliebter. Genau wie Tomate und Kartoffel brachten ihn Seefahrer über den Atlantik nach Europa mit. Im südlichen Amerika waren vor zehntausend Jahren erste essbare Sorten gezüchtet worden.

 

Die hartschaligen Gewächse gehören zur Gattung der Beeren, die riesigen Exemplare sind damit die größten Beeren überhaupt. Genau genommen sind sie weder Gemüse noch Obst, sondern Fruchtgemüse! Sie sind wertvolle Lebensmittel, da sie reich an Nährstoffen (nach Sorten sehr unterschiedlich, besonders gut sind Hokkaido, Butternut, Muskat) und zudem ballaststoffreich und kalorienarm sind. Für die Küche sind sie eine Herausforderung, denn das Kürbisfleisch hat einen eher dezenten Eigengeschmack. Aber mit Mut und Fantasie entstehen vorzügliche Gerichte. Wie wäre es etwal mit diesem Rezept vom Sternekoch und Gewürzpapst Alfons Schubeck: Muskatkürbisstifte in einem Sud aus Vanille, Kardamom, Zimt und Ingwer köcheln lassen. Kürbisstifte entnehmen und den abgekühlten Fond mit Zitrone, Orange und Pfeffer würzen, Gelantine einrühren und über die erkalteten Stifte geben. Das schmeckt wunderbar zu Pilzen und geräucherter Entenbrust. Ganz einfach und schnell geht es auch, Hokaido im Ofen mit Kürbiskernen und Rosmarin rösten. Lecker!

 

 

In Eppelborn, genauer zwischen Wiesbach und Humes, liegt der Wackenberger Hof. Den Biolandbetrieb der Familie Dörr erkennt man schon aus der Entfernung: Legehennen haben Auslauf und picken vor dem Hofladen und dem Verkaufsautomaten. Neben Eiern, Kartoffeln, Getreiden, Gemüsen, Linsen und mehr sind dort aktuell auch Kürbisse aus eigenem Anbau im Angebot. Sehr empfehlenswert! 

 

 

Forelle statt Lachs bitte

29.8.24

Zu den Empfehlungen für gesunde und ausgewogene Ernährung gehört auch immer regelmäßiger Fischkonsum. Am besten sei Lachs, besonders wegen der wichtigen ungesättigten Fettsäuren, die das Herzinfarkt- und Schlaganfallsrisiko mindern – so hörte ich es in dem Vortrag eines Kardiologen. Selbstverständlich solle der Lachs aus Wildfang stammen, betonte er. Diese Empfehlung ist leider nicht mehr zeitgemäß, es gibt den Lachs kaum noch wild! Im Lachsparadies Norwegen haben die Umweltbehörden im Frühjahr wegen des ungewöhnlich niedrigen Bestands jegliches Angeln der Salmoniden verboten. Der Lachs in unseren Auslagen stammt überwiegend aus Aquazuchten. In vielen Zuchten herrschen schlimme Verhältnisse, vergleichbar mit industrieller Tiermast auf dem Land: Parasitenbefall und intensive Medikamentengaben, geringe Bewegungsfreiräume und Unmengen von krankheitserregenden Fäkalien. Das ist keine artgerechte Haltung für diesen faszinierenden Fisch, der sowohl im Süßwasser als auch im Meer lebt, sich in freier Wildbahn von Krebsen und Kleinsttieren ernährt, und zur Fortpflanzung stromaufwärts zum Laichort zurückkehrt. Aus den Zuchtbecken im Meer gefangen kann das nur ein Schatten vom Wildfang sein. Fehlt dem Lachs seine Naturnahrung, produziert er übrigens auch erheblich weniger der Omega-3 Fettsäuren – durch die er eigentlich so wertvoll ist!

 

Ist es da nicht sinnvoll nach Alternativen zu schauen? Das Wasser an der Südseite des Hunsrücks ist zum Beispiel eine exzellente Lebensgrundlage für Forellen, die in Bächen und Teichen ihre natürliche Umgebung haben. Die Regenbogenforelle ist seit 150 Jahren in diesen Gewässern beheimatet und ein ausgezeichneter Speisefisch mit besten Werten an Proteinen, Vitaminen und Fettsäuren. In der Küche von „Buchnas Landhotel Saarschleife“ in Orscholz kommen Forellen aus dem Forellenhof Rosengarten quasi ganzjährig zum Einsatz. Die Kreationen, die Küchenchef Christian Münch-Buchna auf den Teller bringt, lohnen den Ausflug.

 

 

 

 

Ziel erreicht sagt das Navi! Aber stimmt mein Tipp?

31.7.24

Der große Loriot sagte einmal, er habe seine Sketche nicht erfinden müssen, sondern nur genau hingeschaut. Daran dachte ich, als ich diese Szene in einem kleinen Grotto in einem abgelegenen Alpental erlebte. Die Gäste hatten sich eingefunden und waren mit der Auswahl ihrer Speisen beschäftigt. Plötzlich ertönte es laut: „Sie haben Ihr Ziel erreicht“. Das ganze Lokal lachte. Jeder kennt die Stimme der Dame vom amerikanischen Lotsendienst, der die Michelin-Straßenkarten verdrängt hat. So wertvoll die digitale Welt für die Wegsuche auch ist, so vertrackt kann es sein, ihr in allen kulinarischen Fragen zu vertrauen. Internet und soziale Netzwerke stecken voller falscher Fährten und Fakten. Suchmaschinen finden nicht wirklich die besten Restaurants. Mancher Gastronom überlistet die Algorithmen der Portale mit den Kniffen seiner Social-Media Kompetenz und weniger mit seiner gastronomischen Fähigkeit. Da hilft nur der „double Check“: eine zweite Meinung einholen! Objektive Einschätzungen sind schwierig, denn jeder hat eigene Kriterien. Den persönlich zugeschnittenen und perfekten Tipp gibt es also so gut wie nicht!

 

Die folgende wahre Begebenheit ist fast bühnenreif: Eine Gastronomin berichtete von einem Telefonat mit einem Gast. Er wollte ihr absolut nicht glauben und nicht einsehen, dass dienstags Ruhetag im Restaurant ist: „…im Netz steht es anders und dann muss doch auch geöffnet sein!“        

 

Nicht jeder findet „Göttelborn“ ohne Navi. Aber der Weg dorthin ins „Martinis“ lohnt sich. Das kulinarische Angebot im Restaurant trägt die Handschrift von David Nussbaum - vielen aus seinen früheren Stationen in und um Saarbrücken bekannt. Im „Martinis“ ist er der Küchenchef. Begeistert war ich in seinen alten Wirkungsstätten ganz oft von seinen Kreationen mit Tomaten.

 

 

 

 

 

Hoffnung für die Kartoffel

11.7.24

„Normale Kartoffeln auf die Eins!“ Das sagt Florian Wirtz, der junge Wirbelstürmer des deutschen EM-Fußballteams, als er in einem kleinen Video-Clip zu seinen Vorlieben bei Kartoffelgerichten gefragt wird. Jawohl! Recht hat er! Dank zweier findiger Musiker geht der Spruch gerade um die Welt und die Lieder avancieren zu Party-Schlagern. Ich könnte noch so viele Kolumnen zu den Vorzügen dieses regionalen Genusses mit seinen Top-Werten als Nahrungsmittel und seinen vielseitigen Zubereitungsmöglichkeiten schreiben - der Jungstar bringt es exakt auf den Punkt: „normale Kartoffeln auf die 1“

Bei seinem lustigen Video kommen in mir Kindheitserinnerungen hoch. Wie wunderbar sind doch gedrückte Salzkartoffeln, mit denen sich so schön Saucen vermengen und genießen lassen. Wahrscheinlich weiß Florian, dass sie enorm viele wertvolle Inhaltsstoffe wie etwa Vitamin C und Kalium enthalten und äußerst kalorienarm sind – vielleicht ist er deshalb so schnell auf dem Platz unterwegs und trifft oft ins Tor… Und hoffentlich wagen es Restaurants nach dem Videoclip noch einmal, die klassische Variante prominent auf die Karte zu setzen. Statt „Salzkartoffel“ - die korrekterweise ja "Salzwasser-Kartoffel" zu heißen hat - sollte sie allerdings einen neuen Namen bekommen. Sie könnten doch „Flo’s Potatoes“ oder „Pommes Flo“ heißen! Vielleicht muss auch einfach nur der herabsetzende Begriff „Sättigungsbeilage" von den Speisekarten verschwinden. „Genussbeilage“ wäre doch viel schöner! Ich, als alter Kartoffelfan, darf doch mal träumen.

 

Apropos: Im Saarbrücker Restaurant „Die Kartoffel“ steht die Knolle seit 1989 im Zentrum aller Gerichte, ob überbacken, gebraten, frittiert, als Stroh, Reibekuchen, Auflauf oder Salat. Natürlich fehlen auch Hooriche, Geheirade oder Gefillde nicht. Sogar im Dessert taucht sie auf: Süßkartoffelbällchen oder Marillenknödel. Die Salzkartoffel hingegen ist aktuell nicht Teil der Standardkarte. Aber die Küche bereite sie „selbstverständlich“ jederzeit auf Wunsch zu! Es besteht also noch Hoffnung….

 

 

 

 

 

Sizilien, Florenz, Paris, New York...Stationen im Leben des Hörnchen

27.6.24

Ein „gutes“ Eis im Hörnchen zur Sommerzeit ist zweifelsfrei ein besonderer Genuss. Schon in der Antike Gefrorenes wurde in „Eiskellern“ mit Schnee und Früchten hergestellt Aber Italien fühlt sich als Ursprungsland des heutigen Speiseeises. Es sollen Konditoren aus Florenz gewesen sein, die 1533 im Pariser Louvre königlichen Gästen Speiseeis kredenzten. Für den durchschlagenden Erfolg entscheidend war hundert Jahre später Procopio Coltelli aus Palermo, der in seinem Pariser „Cafe Procope“ erstmals das Eis kugelförmig servierte – allerdings in Schälchen. Die Hörnchen sollen ebenfalls italienischen Ursprungs sein. Italo Marchiony verkaufte sein Zitroneneis im Tütchen an der Wall Street und erhielt 1903 das Patent darauf.    

 

Aus unserer Welt sind die Eisdielen und Eisverkäufer nicht mehr wegzudenken. 10 Pfennig kostete in den 60‘ern eine Kugel Vanille, Erdbeer, Schokolade oder Zitrone. Inzwischen ist der Preis bei 1,50 € angekommen, und die Sortenvielfalt wächst ständig. Sie reicht von exotischem Adzukibohneneis über veganes Mandel-Salzkaramell bis zum absurdem „Schlumpf“.

 

Leider haben Geschäftssinn und Kreativität nicht immer etwas mit guter Qualität und Schmackhaftigkeit zu tun. Viele Produzenten stellen minderwertiges Industrieeis her. Sie dürfen es sogar „selbstgemacht“ nennen, wenn sie Fertigpulver anrühren und die Grundmasse mit Geschmacksstoffen und Bindemitteln „verfeinern“. Für den Verbraucher ist schwer zu erkennen, wann mit frischen Zutaten und Früchten gearbeitet wird. Aber bei überquellenden Eisbehältern empfiehlt sich Skepsis: Handwerklich gemachtes Eis würde nämlich kristallisieren!

 

Es hilft auch der Rat von Eingeweihten. So vertrauen viele italienische Restaurants der Region dem „Eiscafè Kaos“ bei der Wahl ihres „Cassata-Eis“ für die Dessertkarte. Die klassische sizilianische Eistorte ist ebenso von guter Qualität wie alle übrigen Eisvarianten, die bei der Familie Parla in Kleinblittersdorf produziert und verkauft werden – egal ob im Becher oder im Hörnchen!

 

 

 

 

Heutiges Streetfood hatte bei schon einige Vorläufer

13.6.24

Reisende berichten gerne von der wunderbaren Welt asiatischer Garküchen. An jeder Straßenecke werden Suppen, gegrillte Früchte, Gemüse, Fisch und Geflügel zu Reis und Nudeln in ungewohnter Schärfe und faszinierender Aromatik auf kleinen Schälchen angeboten. Legendär ist in diesem Zusammenhang auch die Verwandlung des zentralen Marktplatzes von Marrakesch am Abend, wenn sich aus zusammengeklappten Blech- und Stoffbergen eine Vielfalt von Grills und Kochplatten entfaltet. Es duftet herrlich und schmeckt nach Zimt, Kreuzkümmel, Koriander, Rosinen und Harissa. Kultiges Essen für Eilige, die es aus der Hand genießen möchten.

 

In Saarbrücken begannen Vorläufer von Street Food bereits kurz nach 1900. Unweit des Bahnhofs etablierte ein findiger Gastronom den „Saar-Automaten“. Schnittchen mit Fleischsalat und belegte Brote stillten den Hunger von Menschen mit wenig Zeit vor und nach der Arbeit. Im Gegensatz zu den systemgastronomischen Burger-Ketten späterer Jahre punkteten die Schnell-Restaurants jener Zeit mit frischen Produkten der Region. 

 

 

Inzwischen hat sich der Begriff „Street Food“ für Speisen eingebürgert, die zum direkten Verzehr vor den Augen des Kunden zubereitet werden. Imbissbuden verschwinden, der Kult der „Curry-Wurst“ verblasst (bis auf Ausnahmen wie Kalinski, Diskonto-Schenke...), der Truck ist „in“. Seit Jahren gastieren auch bei uns „Streetfood-Festivals“, die internationale kulinarische Vielfalt versammeln. Für mein Gefühl verflacht leider das Angebot. Wo ist etwa „Insekten-Food“ aus den ersten Jahren geblieben? Wenn zudem die Portionen zu riesig werden und um die 10 € kosten, geht der eigentliche Sinn von Street Food verloren. Ich erlebte den Balance-Akt eines Besuchers, der seinen Mega-Hotdog samt Zutaten nur mit Mühe essen konnten. Dauernd purzelte etwas herunter! Lecker, aber überdimensioniert - keine Chance für ein weiteres Häppchen. Dabei ist durchaus einiges köstlich. So etwa die „Pinzas“ von Luigi, der neben seiner Pinseria in Neunkirchens „Villa Medici“ auch mit seinen Foodtruck auf Festival und Veranstaltungen unterwegs ist.

 

 

Tomaten können eine Delikatesse sein!

23.5.24

In Österreich heißen sie Paradeiser oder Paradiesäpfel! Das klingt beides viel schöner als Tomaten. Und wahrlich: in eine reife, saftige, aromatische Tomate zu beißen, ist schon etwas Besonderes. Kenner und Liebhaber entdecken unzählige Geschmacksfacetten in der Frucht. Wie schade, dass statt gut schmeckender Sorten in unseren Geschäften oft wässerige Exemplare mit geschmacklosem Innenleben angeboten werden. Wer kennt schon Spezialitäten wie „RAF“ oder „Pera“? Sie gedeihen im besonderen Klima und dem speziellen Terroir von Spanien oder Italien hervorragend. Vielleicht sind Qualitätsbewusstsein und Anspruch dort höher –– oder die Menschen haben einfach Glück… Südspaniens Frühstückstradition erleben, frisches Tomatenpüree mit Olivenöl (und einem Hauch Zucker) auf knusprigem Brot zu genießen, ist für jeden eine neue Entdeckung, der sich auf das Land wirklich einlässt. Auch „Gazpacho“ und „Salmorejo“ (kalte Gemüsesuppen auf Tomatenbasis) sind echte Köstlichkeiten. Was viele nicht wissen, Tomaten stecken voller Mineralien und Vitaminen. Die Wirkung des roten Farbstoff Lycopin, der vor Arterienverkalkung schützen soll, wird beim Erhitzen der Tomaten sogar noch erhöht. Das spricht für warme Tomatensaucen, wie sie aus Italien bekannt sind.

 

Was heißt das nun für unsere Breiten? In Juli sind die ersten Tomaten bei uns reif und damit beginnt die Saison der beliebten „Caprese“ (Tomaten, Mozzarella und Basilikum), mit aromatischen Früchten ein echter Genuss! Wohl dem, der sich die Tomaten selber zieht kann. Das erfordert zwar etwas Erfahrung, ist aber durchaus lernbar… Wenn die Ernte üppig ist oder die Tomaten günstig sind, lassen sie sich auch gut einmachen und einfrieren.

 

 

Für mich ist das „Landhaus Spanier“ in Otzenhausen hierbei vorbildlich. Das Restaurant entstand aus einer Gärtnerei. Noch heute baut Familie Spanier Gemüse und Obst liebevoll selber an. Hier ist Kreativität Trumpf. Die Tomaten aus dem Garten sind zwar erst im Sommer reif, aber in eingemachter Form landen sie immer auf dem Teller - solange der Vorrat reicht. 

 

 

Horizont-Erweiterung im Sterne-Restaurant

2.5.24

Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Mal als Gast in einem elsässischen Sternerestaurant. Ich war fasziniert von den Speisen, die so ganz anders auf den Tisch kamen als ich es von den deftigen Gerichten aus der Region kannte. Die Vielfältigkeit der Vorspeisen, außergewöhnliche Saucen, ungewöhnliche Beilagen mit Kräutern und Blüten und auf den Punkt gegarte Köstlichkeiten haben mich begeistert! Seitdem zieht es mich immer wieder zu genialen Köchen, die hunderte von Aromen und einzigartige Ideen im Kopf haben. Fasziniert hat mich Adrian Ferran, einer der Begründer der Molekularküche. Er wandte im spanischen „El Bulli“ klassische Zubereitungsmethoden auf andere Lebensmittel an, um sie „neu zu entdecken“. Warum nicht Frittieren oder Aufschäumen von Produkten, mit denen das noch niemand versucht hatte? Unglaublich, was alles mit Karotten möglich ist! Mit großer Kreativität wurden Aggregatszustände verändert, klassische Kombinationen dekonstruiert und Essgewohnheiten revolutioniert!

 

Pioniere eröffnen auch bei anderen Künsten neue Dimensionen. So hat etwa Picasso entscheidende Impulse für die Malerei nach ihm gegeben. Wenn auch mancher über „Schäumchen statt Sättigung“ lästert: Es ist eine Horizonterweiterung ganzer Generationen von Gästen und Köchen.
Und ja, ein Besuch im Gourmetrestaurant kostet viel Geld – aber andererseits: eine VIP-Karte für ein Pokalspiel des 1.FC Saarbrücken kostet auch mehr als hundert Euro, der Eintritt in ein Konzert eines Weltstars ist oft noch teurer. Jeder setzt für seinen Luxus eine andere Priorität.

 

Übrigens muss es gar nicht so exotisch sein. Auch mit Altbekanntem lässt sich zaubern. Vor Jahren schon genoss ich eine grandiose Blumenkohlvariation (Carpaccio, Püree und körnig kross). Grandiose Texturen! Das wurde für mich jetzt noch getoppt. Martin Stopp hat uns einen Gang mit fermentiertem Strunk des Blumenkohls sowie in Estragonöl mariniertes Kohlblatt kredenzt. Toll! Seine Kochkunst im „TAO“ in Elversberg gehört für mich aktuell zum Besten weit und breit.     

 

 

Einst entzündeten sich Kriege am Salz, heute steht es auf jedem Tisch

18.4.24

Die Geschichte des Salzes gehört für mich zu den spannendsten Kapiteln der Lebensmittelhistorie. Was heute für kleines Geld zu haben ist und auf jedem Tisch im Streuer steht, war einmal ein teures, aufwendig herzustellendes Produkt. Es ist ein wichtiges Mineral und ein unverzichtbares Würzmittel. Bevor es die Möglichkeiten der Kühltechnik gab, hatte es noch eine andere Bedeutung: Pökeln von Lebensmitteln war die Konservierungsmethode schlechthin. Wer den Zugang zum Salz hatte, besaß Macht.

Könige und Herrscher belegten es mit Steuern und achteten sorgsam darauf, ihre Einnahmequellen zu schützen. Kriege und Unruhen wurden durch das „weiße Gold“ ausgelöst. So entzündete sich etwa der indische Kampf um Unabhängigkeit unter Ghandis Führung an den Abgaben auf Salz, die an das englische Königshaus zu zahlen waren. Sogar für die Französische Revolution war der Unmut der Bevölkerung gegen solche Abgaben ein nicht ganz unwichtiger Anstoß.

Auch aus unserer Region existiert eine bemerkenswerte Episode. 1741 ging die Salzproduktion, die Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau in Sulzbach betreiben ließ, zu Ende. Dem französischen König Ludwig XV war sie schon lange ein Dorn im Auge. Ihm war wichtig, den Markt für sein Lothringer Salz und die damit verbundenen Gewinne zu schützen. Also zahlte er dem Fürsten eine erkleckliche Summe, um weitere Konkurrenz zu verhindern. Und dies, obwohl dessen Saline ohnehin schon unrentabel war!      

Heute ist Salz in guter Qualität billig zu haben. Erstaunlich, dass Garen in Salzkruste in Restaurants bei uns kaum zu finden ist. Fisch kann so schonend zubereitet werden und bleibt saftig. Die Methode wird in Restaurants an den spanischen Küsten gepflegt. Es braucht grobes Meersalz (dreifache Menge des Garguts), etwas Kräuter und einen Ofen - und schmeckt wunderbar! Feines Salz eignet sich nicht, die Kruste würde festbacken und wäre nicht vom Fisch zu lösen. Übrigens funktioniert das ebenso mit Huhn. Wäre das nicht mal eine Idee für saarländische Köche?

 

 

 

 

Wohlfühlküche siegt oft über elaborierte Gerichte

4.4.24

Die „Maimühle“ in Perl bietet seit kurzer Zeit ein neues Gericht auf der Empfehlungskarte: „Hackbraten“. Ein Gast hatte es sich beim Wirt gewünscht, und zwar mit Kartoffelpüree! Mittlerweile erfreut sich der Klassiker großer Beliebtheit.

Was ist der Grund? Speisen wie diese treffen wohl das Bedürfnis der Gäste nach einem Essen, das der Seele guttut und glücklich macht. Die Aromen, Gerüche und Gewürze erinnern uns an sorglose Momente aus der Kindheit. Es sind unsere Lieblingsgerichte, die nicht selten auch als Trostpflaster galten. Welche Gerichte zur Wohlfühlküche gehören, das lässt sich gar nicht exakt in einer Rezeptsammlung zusammenfassen. Denn das hängt individuell von jeder Familie, der jeweiligen Region und natürlich von der Person ab. Häufig sind die „Seelenschlürfer“ Mahlzeiten, die deftig und nährstoffreich sind, aber auch gerne süß (z.B. Milchreis mit Apfelkompott oder Pfannkuchen mit Zucker und Zimt) daherkommen oder mit einem besonderen Schmelz auf der Zunge (Pudding, Wackelpudding) verbunden sind. Wärmend können sie sein wie Kartoffel-, Hühner- oder Rindersuppe mit Markklößchen, aber auch herzhaft und intensiv wie Sauerbraten oder Nudeln mit Tomatensauce.

Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Gerichte allein durch Farbe und Gerüche schon eine positive Stimmung auslösen können, weil sie mit schönen Erinnerungen verbunden sind. Ebenso weiß die Ernährungswissenschaft, dass Inhaltsstoffe wie Vitamin D oder Magnesium in Nahrungsmitteln nachweislich stimmungsfördernd wirken. Offensichtlich suchen die Gäste nicht nur raffiniert verfeinerte Rezepte mit außergewöhnlichen Zutaten im Restaurant. Es hat auch seinen Reiz, sich in angenehmer Umgebung mit „Soulfood“ verwöhnen zu lassen.

Mal abwarten, ob es der Hackbraten in der Mailmühle auch auf die Standardkarte schafft. Dort sind jetzt schon mit Königin Pastete und Mehlknödel auf der Speisekarte, die für viele Wohlfühlküche bedeuten.  

 

 

 

 

 

Couscous ist weit mehr als nur eine Beilage

7.3.24

In nahezu jedem Lebensmittelgeschäft gibt es mittlerweile Couscous, denn levantinische und arabische Kochkunst erfreut sich großer Beliebtheit. Die Getreidekörnchen entstehen durch Zerreiben von Weizen, Hirse oder Gerste und sind vielseitig verwendbar. Sie können Salat (z.B. mit fein geschnittenen Tomaten, Gurken und Kräutern) oder Beilage sein. Aber das traditionelle Couscous in der nordafrikanischen Küche ist weit mehr als das. 2020 wurde Couscous in seiner ursprünglichen Form in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.

Eingereicht haben es Marokko, Mauretanien, Tunesien und Algerien gemeinsam. Dass sich die Länder hierzu zusammengeschlossen haben, ist höchst bemerkenswert, denn in vielen Themen sind sie uneins. Aber im gesamten Maghreb ist Cousous ein Höhepunkt bei religiösen und familiären Festen. Jede Region, jede Familie bevorzugt eine andere Nuance.

Die klassische Zubereitung gleicht einer Zeremonie. In einem zweiteiligen Topf, dem Couscoussier“, wird unten eine Brühe mit grob geschnittenem Gemüse (Karotten, Kürbis, Tomaten und vieles mehr) gekocht. Im Dampf darüber quellen die getrockneten Getreidekörner und nehmen die Aromen auf. Der fertige Getreidebrei kommt auf eine große Porzellanschüssel. Darauf werden die Gemüse und je nach Vorliebe und Anlass Lamm, Geflügel, Rind oder Fisch drapiert. Dazu wird die fertige Boullion gereicht. Für Süße sorgen Rosinen, für die Schärfe Harissa (pikante Paste aus Chilischoten). Gegessen wird das nahrhafte und gesunde Essen in großer Runde. Die wunderbare Kombination von geschmackvollem Gemüse auf dem saftigen und würzigen Getreide mit oder ohne Fleisch ist einfach ein Genuss.

In Frankreich wird die nordafrikanische Küche schon lange sehr geschätzt. Fast in jeder Stadt sind entsprechende Restaurants entstanden, ganz anders als bei uns. Direkt hinter der Grenze wird man fündig. Besonders empfehlen möchte ich das „La Couscoussière“ in Saargemünd. Dort fühlt man sich ein bisschen wie in Marrakesch. 

 

 

Wir brauchen eine Renaissance des Reste-Essens!

22.2.24

Gegenwärtig wird fast ein Drittel aller Lebensmittel weggeworfen. Eine erschreckende Zahl, wenn man bedenkt, wie viele Menschen gar keinen Zugang zu ausreichendem Essen haben. Riesige Felder verdorren, weil der Zugriff auf Wasser nicht geklärt ist. Plantagen werden nicht abgeerntet, da die Händler weniger zahlen als die Ernte kosten würde. Millionen von Früchten werden weggeworfen, bevor sie in den Handel gelangen. Sie entsprechen nicht der Norm oder sehen nicht schön genug aus. Da läuft einiges falsch in der Landwirtschaftspolitik der Welt.

Aber wir Verbraucher haben vieles selbst in der Hand. Vor einigen Jahren kam „Containern“ auf. Überwiegend junge Menschen fischen weggeworfene  Lebensmittel aus Müllcontainern von Supermärkten. Sie fördern Schätze zutage, die nicht mehr als „einwandfrei“ gelten – aber noch prima schmecken. Das könnte ein probates Mittel gegen die Verschwendung sein, gilt aber meist als illegal. Auch private Haushalte in Deutschland werfen viel zu viel in die Tonne: schätzungsweise das Dreifache des Handels!

Was wir bräuchten, ist eine Renaissance des „Resteessens“ und mehr Respekt gegenüber Lebensmitteln. Übrigens bedeutet das Mindesthaltbarkeitsdatum keineswegs das Verfallsdatum. Vertrauen wir unseren Sinnen: Riechen, sehen und schmecken, ob der Quark oder das Gemüse noch gut ist.    

Und dann gibt es noch einen ganz anderen Weg, die Lebensmittelverschwendung direkt am Ursprung zu bekämpfen, damit sie erst gar nicht entsteht! In der Organisation „CrowdFarming“ bieten Bio-Landwirte aus 15 europäischen Ländern ihre Produkte an. Außerdem können Patenschaften für Bäume, Rebstöcke oder Tiere geschlossen werden. Die Idee dabei: Es wächst vieles, das nie geerntet wird, weil es nicht den Käufer findet oder traditionellen optischen Ansprüchen genügt. Mit dieser Verbindung zum Endkunden können sich Landwirte unabhängig von der Marktmacht der Handelsunternehmen allein von Qualitätskriterien leiten lassen und frische Waren bieten. Mich überzeugt die Idee!  

 

 

 

 

 

Ist Maggi ein saarländisches Produkt?

6.2.24

 

 

Seit Jahrzehnten kursiert ein Foto von einem Ring Lyoner, um den herum sich vier kleinen Maggi-Fläschchen reihen: der „saarländische Weihnachtskranz“! Nach wie vor ist es eine weit verbreitete Meinung, Maggi sei ein saarländisches Produkt. Und ohne einen ordentlichen Schuss davon könne keine Suppe perfekt sein und kein Salat gelingen. Das stimmt alles so nicht. Die „Maggi-Würze“ wurde von einem Schweizer gleichen Namens erfunden und ab 1887 in Singen am Bodensee produziert. Also nicht im Saarland! Übrigens wurde sie „Madschi“ ausgesprochen, denn der Herr hatte italienische Vorfahren.      

 

Die genaue Rezeptur und das Herstellungsverfahren sind ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis. Als Grundlage dienen pflanzliche Proteine aus Sojabohnen und Weizen, die mit Geschmacksverstärkern, Salz und Pfeffer ergänzt werden. Ursprünglich entwickelte der innovative Unternehmer in Zeiten der Mangelernährung nahrhafte fleischlose Fertigsuppen aus Bohnen- und Erbsenmehl. Dann gelang ihm die Gewürzmischung zum Aufpeppen von vielen Speisen. Die dunklen kantigen Flaschen mit den gelbroten Etiketten wurden Kult, dank hervorragenden Marketings sogar weltweit. Der Konzern Nestle, zu dem das Unternehmen inzwischen gehört, verkauft das Industrieprodukt millionenfach, mittlerweile gerne mit dem Prädikat „vegan“, als Premiumprodukt in seinen Palette von Brühwürfeln und Fertiggerichten.

 

Ein weiterer Irrtum ist, dass es Liebstöckel enthalte. In Homburg allerdings hat David Simon eine individuelle Flüssigwürze kreiert, die tatsächlich Liebstöckel enthält.  Er produziert sie für „Chef kocht“, seinen besonderen Lebensmittelladen, der zugleich Restaurant ist. Sein Ehrgeiz ist es, möglichst viel aus der Region zu verwenden und zu verarbeiten. „Made in Homburg“ sind Gewürzmischungen, Chutneys oder Pasten, die es dort zu kaufen und zu verkosten gibt. Er verfeinert mit diesen Gewürzen saisonale Gerichte, die an schönen Holztischen genossen werden können. Auch ein Frühstück oder die Teilnahme an einem seiner Events sind sehr empfehlenswert!  

 

 

Geschirr sollte den Genuß unterstreichen und nicht behindern

25.1.24

Noch im 16. Jahrhundert hatten die Menschen nur rudimentäres  Essgeschirr zur Verfügung. Kurzstielige Löffel und Teller aus Holz mußten reichen. Gutbetuchte verfügten da schon über Ton- oder Zinnteller. Das Geschirr in der heute bekannten Form entstand erst für die höfische Tischkultur des Barocks. Adlige mit Ambition sorgten sogar für eine eigene Produktion edler Keramik. In Ottweiler etwa ließ Fürst Wilhelm Heinrich 1763 eine Porzellanmanufaktur gründen. 1767 entstand für Herzog Christian IV von Pfalz-Zweibrücken die „Feine Geschirr- und Porzellanmanufaktur“ in Wörschweiler. Beide Werkstätten existierten nur für kurze Zeit, wohl auch weil sich nur wenige die Kostbarkeiten leisten konnten. Im 19.Jahrhundert wandelte sich das Tischdekor des Adels zum Gebrauchsgegenstand  für Jedermann. Anlässlich der Hochzeit wurde ein „Service“ erworben  oder war gern gesehenes Geschenk. Villeroy & Boch machte es erschwinglich und dank Geschenketisch möglich!

 

 

Heutzutage gehen nicht nur viele Ehen zu Bruch, auch die Porzellane halten nicht mehr ewig und werden gerne gewechselt oder ausgetauscht.  Zweitgeschirr ist angesagt - für den Sommer, die Weihnachtszeit oder einfach nur zur Abwechslung. Auch in der Gastronomie wird Zeitloses durch Trendiges ersetzt. Für mein Gefühl übertreiben die Designer dabei gelegentlich. Optik ist nicht alles. Das Geschirr sollte in erster Linie funktional sein. Aber da flutscht schon mal Besteck in den Teller, wenn es an den Rand gelegt wird. Denn die Proportionen der Keramik stimmen nicht! Ganz schön schwierig, es wieder herauszufingern…. Nicht besser sind die schönen, tiefen Schälchen mit gebogenem Rand, aus denen die feine Sauce nur mit Mühe herauszufischen ist. Da lobe ich mir doch die Ausstattung, die im „Gräfinthaler Hof“ (Mandelbachtal) zu finden ist. Die ambitionierte, regional verwurzelte Küche von Jörg Künzer und seinem Team wird überwiegend im klassisch zweitlosen Porzellan serviert. So ist es ein Genuss, die schön angerichteten Gerichte im Bliesgau zu erleben. 

 

 

Orangen – einfach das beste Obst im Winter

11.1.24

Orangen bestechen durch Fruchtigkeit und Aromenvielfalt. Unterschiedlich süße Säuren berühren unsere Geschmacksnerven und erinnern an Mango,  Ananas oder Beeren. Kein Glühwein schmeckt ohne sie. Orangenliköre wie Cointreau oder Grand Marnier veredeln Cocktails oder Kuchen. Selbstgepresster Saft ist das I-Tüpfelchen eines Frühstücks, ein knuspriges Brötchen mit selbstgemachter Orangenmarmelade der beste Start in den Tag!  Dass Orangen sowohl als Vorspeise, Salat, Hauptgang wie auch im Dessert verwendbar sind, macht sie zu einem begehrenswerten Obst.  

 

Als Freund regionaler Produkte stoße ich immer wieder an Grenzen. Unser Klima ist nicht günstig für Zitrusfrüchte. Schon zu meiner Kindheit kamen sie im Winter aus fernen, sonnigen Ländern - in Transportkisten mit dünnen Holzlatten, zusammengehalten von einer beeindruckenden Drahtkonstruktion. Heute wird unser Bedarf zum großen Teil in Supermärkten und Discountern gedeckt, wo viel miserable Qualität zu finden ist. Ich bin dazu übergegangen, direkt beim Erzeuger in Spanien oder Italien zu beziehen. Dort hat eine neue Generation den Direktvertrieb wieder aufgenommen. Großeltern und Eltern gingen wirtschaftlich in die Knie, weil sie vom Großhandel mit 20 Cent pro Kilo abgespeist wurden. Von 2 € pro Kilo, die die Enkel heute erlösen, lassen sich Plantagen pflegen, Mitarbeiter angemessen bezahlen und phantastische Früchte liefern.

 

Hier fällt mir Gregor Weber ein. Der Autor eines wunderbaren Buches über Köche und Küchen verbrachte zur Recherche einige Zeit im Gourmetrestaurant „Victors fine Dyning by CHRISTIAN BAU“. Er schildert, wie ein Koch eine Orange schälte, einzelne Zesten heraustrennte, deren Ende abzupfte und ganz sachte die winzigen Bestandteile herauslöste. Diese millimetergroßen, länglichen Beutelchen, prall gefüllt mit feinem Saft, bilden Garnitur und Würzung auf der Entenbrust. Bei Christian Bau in Perl – eins der weit und breit besten Restaurants – werden viele Menükomponenten äußerst raffiniert zubereitet und kombiniert. Sie werden damit zu einem kulinarischen Hochgenuss – unbedingt empfehlenswert!

 

 

 

Erdbeeren jederzeit: muss das sein?

26.12.23

Erdbeeren zu jeder Jahreszeit: Muss das wirklich sein? Tatsächlich fand ich sie am Tag vor Weihnachten in den Auslagen von fünf der sechs besuchten Supermärkte Saarbrückens! Sie kamen aus verschiedenen Ländern um das Mittelmeer herum. Und da fängt das Dilemma an. Denn es ist nicht so, dass dort gerade Hauptsaison für Erdbeeren ist. Die Erntezeiten werden von industriell arbeitenden Betrieben mittlerweile verlängert. Das jedoch schadet den Anbaugebieten. Beispielsweise dem Nationalpark Doñana in Andalusien. Das artenreiche und für Wasserhaushalt und Klima der Region so wichtige Gebiet trocknet aus, und zwar vor allem wegen riesiger Erdbeerplantagen, die das Wasser abzweigen. Gigantische Felder benötigen Unmengen davon, und sie entziehen es zu einem Teil sogar rechtswidrig aus dem Feuchtgebiet. Nachdem der Grundwasserspiegel um bis zu 15 Meter gesunken ist, hat die „Weltnaturschutzunion“ das Gebiet aus dem Katalog der „gut gemanagten“ Naturschutzgebiete gestrichen – So etwas ist bisher noch nie vorgekommen! Zaghafte politische Initiativen haben vor wirtschaftlichen Interessen kapituliert; die folgenreiche Zerstörung der Natur wird nicht verhindert. Fatal ist, dass Konsumenten, Gastronomen und Händler im ganzen Jahr Interesse an nichtsaisonalem Obst haben. Die Erdbeere, eines der Wunderwerke der Natur (eigentlich ist es keine Beere, sondern im weitesten Sinne eine Nuss!) wächst zur richtigen Jahreszeit hervorragend und kann göttlich schmecken. Die Exemplare im Dezember sind fad und ausdrucklos. Mit verbundenen Augen würden viele sie gar nicht erkennen.  

 

Für mich ist es wohltuend in einem Restaurant zu hören, dass ein Gericht oder Produkt ausverkauft ist, weil es nur eine begrenzte Menge gab oder die Saison vorbei ist. Das ist in „Unter der Linde“ in Saarbrücken, St. Arnual zu erleben! Schön, dass dort jahreszeitlich gekocht wird! Die Tageskarte bietet tolle aktuelle Gerichte, solange der Vorrat reicht…

 

       

Als Spaghetti im Hades für 3 Mark zu haben waren...

14.12.23

 

 

 An „Hades-Spaghetti“ werden sich vor Allem die „Älteren“ gut erinnern. Die Spezialität des Szenelokals „Hades“ in Saarbrücken waren „Spaghetti Bolognese“.  Dieses Gericht war in der Zeit der kulinarischer Neuorientierung nach Jahrzehnten deutscher Kochkunst sehr begehrt: Nudeln und Tomatensauce mit Hackfleisch, darüber geriebener Käse – ein Hauch Italien war mit im Spiel. Anfang der 70er Jahre kostete die Portion im Hades 3 Mark, es war Kult, sie dort zu essen. Später entstand die üppige Variante mit „Doppelkäse“ für 50 Pfennig mehr. Natürlich versuchten viele Gäste, sie zu Hause nach zu kochen, und jeder hatte seine eigene „Bolo“. Ich meinte, sie mit viel Knoblauch und Kräutern der Provence gut getroffen zu haben. 

 

Dass das Gericht eigentlich „Ragu bolognese“ heißt, und durch die Handelskammer von Bologna genau definiert ist, das erfuhr ich erst sehr viel später. Die Verfügung vom 17.10.62 schreibt die folgenden Zutaten vor: mageres Rinderhack und fein geschnittener Schweinbauch (im Verhältnis 2 zu 1), Karotten, Zwiebeln, Staudensellerie, Tomatensauce, Tomatenmark, Wein und Milch (!). Gewürzt wird nur mit Salz und Pfeffer - keine mediterranen Kräuter, kein Knoblauch! Die Pasta dazu waren keineswegs Spaghetti, sondern Makkaroni oder Tagliatelle. Zur weltweiten Berühmtheit des Gerichtes trugen wohl schon vor dem ersten Weltkrieg italienische Auswanderer in den USA bei, indem sie es zum Erkennungsmerkmal ihrer Küche machten.

 

Heute existieren unendlich viele Variationen von „Spaghetti Bolognese“. Richtig fein und würzig schmeckt sie natürlich nur, wenn die Qualität der Tomaten und des Fleisches stimmen. Nach der „Hades-Zeit“ gab es die „ legendären “ Spaghetti“ noch lange in der „Brasserie“ am St.Johanner Markt (Brasserie und Hades hatten ursprünglich denselben Besitzer). Heute erinnert die Spaghetti-Karte der „Kleinen Tonhalle“ in Saarbrücken an die alte Tradition. Das Angebot mit „Anfänger– und Kämpferportion“ - wahlweise mit „extra Käse“ fühlt sich ein bisschen an wie früher…

 

Geheimtipps: Fluch und Segen

16.11.23

Vor vielen Jahren landete ich in einer „Winstub“ im Elsass. Ein Feinschmeckermagazin hatte elsässische Gourmetköche gefragt, wo sie denn selber einkehren, wenn ihnen nach guter einfacher Hausmannskost ist. Dort saßen wir dann, ebenso wie sieben weitere Touristenpaare (es gab überhaupt nur acht Tische und die Theke), angelockt durch den Insidertipp - aber fehl am Platz!

 

Die Einheimischen wählten einfach und unkompliziert Tagesgerichte und bestellten offenen Wein dazu. Wir „neuen Gäste“ verwirrten Koch und Mitarbeiter durch Fragen und Sonderwünsche. Die Stammgäste fühlten sich durch uns gestört, der Wirt war  überfordert und verunsichert - die Stimmung nicht gut.

Nach dieser Erfahrung dämmerte mir erstmals, dass ein Geheimtipp keiner mehr ist, wenn er in der Zeitung steht. Zwei Jahre später war die kleine, gemütliche Weinstube geschlossen - der Spagat zwischen den verschiedenen Welten war leider nicht gelungen.

 

Für manches Lokal kommt ein richtiger Aufschwung, wenn es als „heißer Tipp“ gehandelt wird. Richtig berühmt wurde so Heinz Peter Koop in den 80’ern mit seinem Blockhaus in St.Nikolaus. Ein begeisterter Gast – ein SR-Redakteur - berichtete im Radio überschwänglich von dem bis dahin eher unbekannten Haus. Viele Gourmetfreaks pilgerten anschließend an den Weiher im Warndt. Koops nächste Station war sein Gourmetrestaurant „Légère“ in Saarbrücken. 1985 erlangte er bundesweit Bekanntheit, als er für die saarländische Landesvertretung in Bonn engagiert wurde, um bei Verhandlungen und langen Sitzungen kulinarisch für gute Laune zu sorgen. So kann es also auch gehen!

Als ich letztens ein kleines, dörfliches Gasthaus nahe Saarbrücken besuchte, bat mich der Wirt, sein Restaurant bloß nicht in der Zeitung als Geheimtipp zu erwähnen oder gar bei Instagram zu posten. Auf gar keinen Fall wolle er, dass Scharen von „Städtern“ zu ihm pilgern und die regionalen Gäste vertreiben. Er möchte die Atmosphäre und den jetzigen Stil des Hauses bewahren. Nun gut, daran halte ich mich! Man sollte sowieso nicht jedes Geheimnis lüften!    

 

 

Gutes Olivenöl schmeckt leicht kratzig und scharf und ist nie billig

2.11.23

Ich bin Fan regionaler Produkte. Aber unsere Region bietet leider nicht alles, beispielsweise kein Olivenöl. Wegen seines exquisiten Geschmacks und wertvoller Inhaltsstoffe ist es für mich eines der wichtigsten Öle und gehört in jede Küche! Es sollte aber wirklich „gut“ sein! Mit hochwertigem Olivenöl lassen sich warme wie kalte Gerichte hervorragend verfeinern. Entgegen häufiger Meinung kann man darin auch braten. Aus Kostengründen empfiehlt sich dazu aber meist einfaches (aber gutes) Pflanzenöl. Denn Top Olivenöl ist nie billig. Und Vorsicht: Oft ist Lug und Trug im Spiel. Von Glück kann derjenige sprechen, der kretisches oder spanisches Öl „nur“ unter einem falschen italienischen Label zu teuer erworben hat. Oft wird gepanscht und unsauber produziert. Der wehrhafte toskanische Agraringenieur und Journalist Andreas März setzt sich für absolute Qualität ein. Der gebürtige Baseler gibt das Journal „Merum“ heraus, das über Weine und Olivenöle berichtet. Auf seinem Gut Balduccio produziert er bestes Olivenöl, und hat es sich zur Mission gemacht, genau zu beschreiben, wie das geht. Als er aufdeckte, welch minderwertige Produkte von der Lebensmittelindustrie auf den Markt gebracht werden, überzog ihn der größte italienische Hersteller mit einer existenzbedrohenden Klage. Sie endete im Desaster! Aber nicht für März, sondern für den Kläger. Der büßte zunächst 30% seines Umsatzes ein! Die Herstellung ist ein aufwendiger Prozess, in dem unbeschädigte Früchte sofort nach der Ernte verarbeitet werden müssen und auf Hygiene und Vermeidung von Oxidation zu achten sind. Bei diesem Aufwand  kann ein Preis von 15 € pro Liter niemals auskömmlich sein. Gutes Olivenöl muß einen leicht kratzigen, scharfen Geschmack haben, außerdem soll es frisch und pflanzlich riechen. Schmeckt es mild, ist das Zeichen überreifer Oliven und minderwertig. Also: Vom Produzenten oder Fachhandel beraten lassen und nicht im Supermarkt nach Preis kaufen!

 

 

Trüffel: Der Luxus aus dem Wald

19.10.23

Im Saarland wächst Trüffel. Aus historischen Speisekarten wissen wir, dass das Luxusprodukt im 19. Jahrhundert fester Bestandteil Saarbrücker Festtagsmenüs war. Weitgehend unbekannt ist, dass Deutschland damals sogar ein Trüffelexportland war! Aber das ist vorbei. Die Fertigkeit, die seltenen Pilze zu finden, ist bei uns verloren. Denn das Sammeln von Trüffeln in freier Natur ist in Deutschland verboten – als einzigem europäischen Land übrigens. Als Grund gilt Naturschutz. Wie es zu dem Gesetz kam, weiß niemand so genau. Steckten vielleicht Händler dahinter, die ihre Privilegien schützen wollten? Für mich erschließt sich das Verbot nicht. Allein das Bundesnaturschutzgesetz sieht doch vor, dass wild lebende Pflanzen nur „in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf“ geerntet werden dürfen. Übrigens ist Trüffel gar keine Pflanze, sondern ein Parasit, der sich an geschädigten Wirtsbäumen als Knolle ausbildet. Wahrlich eine Delikatesse! In jeder Gegend der Welt sind die Reife- und Erntezeit anders. Der in Lothringen vorherrschende „Tuber unicatum“ ist im Herbst reif, ebenso wie der in der Bourgogne.  Den beliebten aus dem Perigord gibt es nur im Januar und Februar. Aber Vorsicht: Fälscher und Täuscher sind unterwegs mit faden Varianten. Der anerkannte Trüffelkenner unter den saarländischen Gastonomen ist Carlo Pistone vom „Da Carlo“ in Gersweiler. Dort gibt es genau jetzt den ultimativ besten Trüffel, den weißen aus dem Piemont! Eine Pasta oder ein Kartoffelgericht mit gehobeltem weißen Trüffel aus Alba ist ein Hochgenuss. Und das Erlebnis beginnt schon beim ersten Moment des Riechens! Der köstliche nussig-erdige Geschmack bleibt noch Stunden im Mund! Wer sich den Luxus erlaubt und eine Knolle ergattert, sollte sie nur kurz aufbewahren, denn sie verliert täglich von ihrem grandiosen Geschmack. Und noch ein Tipp: Im Kühlschrank zusammen mit Eiern in einem geschlossenen Gefäß lagern – die Spiegeleier am nächsten Morgen sind ein Gedicht! Auch Butter und Käse nehmen das göttliche Aroma auf.   

 

 

 

 

 

 

Die ungeheure Vielfalt des Apfels

4.10.23

„An apple a day keeps the doctor away“ heißt es so schön. Tatsächlich sind Äpfel mit ihren Vitaminen und Ballaststoffen äußerst gesund. Schon vor tausend Jahren wurden am Hof des Byzantinischen Kaisers die Grundlagen guter Gesundheit durch richtige Ernährung erforscht und beschrieben. Bei Darmträgheit sollen beispielsweise saure Äpfel für Linderung sorgen. Und die Märchenwelt ist voller Geschichten rund um den Apfel. Er steht für Schönheit, Fruchtbarkeit, Verführung oder Liebe. Aber er ist vor allem ein Genuss- und Lebensmittel, von dem in Deutschland mehr konsumiert wird, als von jedem anderen Obst. Die inzwischen bekanntesten Züchtungen müssen leider vor allem gut aussehen, lange lagerfähig sein und unkompliziert auf den Plantagen wachsen – viele Sorten sind damit von der Bildfläche verschwunden. Die Pomologen (so heißen übrigens die Apfelkundler) kennen sie aber noch, die alten, schmackhaften Sorten.

Das Saarland ist voll von kleineren Obstplantagen und Streuobstwiesen, auf denen auch Bäume mit alten Arten stehen. Die wunderschöne, viel zu unbekannte „Viezstraße“ beginnt in Gerlfangen und führt in Richtung Trier weiter. Jetzt, in der Zeit der Ernte, ist dort bestes Obst zu bekommen. Und damit dann raffinierte Gerichte mit Apfel zuzubereiten, das macht Spaß! Von Klassischem wie Kuchen, Mus oder Apfelchips bis zu Kreativem wie Bratling, Risotto oder Ratatouille: Apfel ist einfach köstlich, er verleiht vielen Gerichten eine wunderbare, mal fruchtige, mal eher säuerliche Note.

 

Die Regionalinitiative „Ebbes von hei“ veranstaltet gerade im nördlichen Saarland die „Streuobst-Genusswochen“. Teilnehmende Gastronomen bieten während dieser Zeit Gerichte, Getränke und weitere Produkte von den Streuobstwiesen an. Mit dabei ist auch das empfehlenswerte Gasthaus „Panzhaus“ in Greimerath, unweit des Losheimer Sees. Das Panzhaus  möchte mit kreativen Gerichten aus Äpfeln, Quitten und Birnen begeistern. Mit dem „Viezwürstchenbrett“ gelingt das meiner Ansicht nach hervorragend!

 

 

 

Was ist denn wirklich typische saarländische  Küche?

21.9.23

Wir kennen sie, die schönen alten Rezepte unserer Vorfahren, und in jedem Buch über die heimatliche Küche sind sie aufgeführt:  Dippelappes, Hooriche, Gefillde, Geheirade und Bibbelchesbohnesupp.  Typisch saarländisch. Doch Halt - ähnliche Eintöpfe und Kartoffelgerichte sind auch im Rheinland, in Westfalen ebenso wie in Polen und den Alpen bekannt. Genau dort, wo die Einwanderer herstammen, die ins Saargebiet kamen. Angelockt wurden sie durch das prosperierende Kohle - und spätere Stahlrevier. Die Menschen brachten natürlich auch ihre Ernährungstraditionen mit. Als die Kartoffel vor rund 250 Jahren in Europa Fuß fasste, entwickelten sich hier vergleichbare Zubereitungsweisen wie andernorts. Dass typische regionale Gerichte durch äußere Einflüsse entstehen, ist nicht ungewöhnlich. So deckten Kulturhistoriker auf, dass dies auch für identitätsstiftende Produkte und Speisen Italiens gilt. Tomaten stammen nicht aus Italien sondern aus Lateinamerika, Reis und Mandeln aus dem Orient. Das berühmte italienische Eis kam erst durch Einflüsse aus der islamischen Welt nach Sizilien. Und auch die Pizza, mit der pfiffige Italienische Gastronomen schon seit den 60’er Jahren versuchen, den Deutschen ihr Urlaubserlebnis von der Adria oder Sizilien zu verlängern, backte man ursprünglich nur  in Neapel.

 

Wie sieht es denn heute mit der Küche unserer Zuwanderer aus? Ebenso wie  italienische Pizza ist auch türkischer Döner nur ein Hauch der jeweiligen Esskultur. Was wird In der Türkei nicht alles geboten: Vor- und Süßspeisen,  Geschmortes und Gegrilltes mit allerlei Hülsenfrüchten und Getreiden dazu aromatischen Gemüse und Gewürze. Restaurants, die die variantenreiche Küche dieses riesigen Landes auf zwei Kontinenten zeigen, sind im Saarland kaum zu finden. Ein Lichtblick ist „Mangal Mezze & Grill“ in Saarbrücken. Dort wird erfolgreich der Versuch unternommen, etwas mehr von  der Esskultur zu zeigen. Dass es die Trauben des Landes nicht nur als Sultaninen gibt, sondern sogar als Wein gibt, ist erfreulich!      

 

 

Der Niedergang des argentinischen Rindfleischs

7.9.23

Große Rinderherden verteilen sich auf riesigen Flächen hinter den Farmen der Landgutbesitzer. Die weite Pampa mit ihren nahrhaften Gräsern bietet alles, was sich die Angus und Herford-Rinder nur wünschen können. Am Ende werden sie stressfrei geschlachtet, und so entsteht das fantastische und geschmackvolle argentinische Rindfleisch!

 

Leider ist das nicht mehr so! Jahre des wirtschaftlichen Niedergangs dieses an Naturschätzer so reichen Landes und die Gier landwirtschaftlicher Konzerne haben die Lage verändert. Aus den Weideflächen wurden gigantische MonokuIturen von Soja und Getreide. Sie bilden mittlerweile die Grundlage für die Tiermast in vielen Teilen der Welt. Mit Soja lässt sich viel schneller Geld verdienen, für die argentinischen Rinder bleibt immer weniger Platz. Früher hatten die Tiere beste Bedingungen und über Jahre ausreichend Zeit, um heranzuwachsen. Heute werden 90%  von ihnen auf engstem Raum mit Soja und Wachstumshormonen turbogemästet. Die Verseuchung des Grundwassers durch Gülle und  der immense Co2 Ausstoß sind Kollateralschäden. Dass Händler ihre argentinischen Produkte nach wie vor als das köstlichste Rindfleisch überhaupt preisen, ist gelinde gesagt wahrer Hohn. Zwar gibt es ökologisch geführte Farmen wie etwa „Ojo de Agua“ des Schweizer Visionärs und Künstlers Dieter Meier, der die Delikatesse auch im namensgleichen Restaurant in Frankfurt verarbeitet und anbietet. Ansonsten ist der Geschmack des auf dem Schiffstransport gereiften Fleisches leider nur noch ein Schatten früherer Zeiten.

Gutes Fleisch erkennen und damit richtig umgehen, das kann nicht jeder. Da empfehle ich einen Meister seines Fachs: Hans-Werner Veeck vom Restaurant „Kirchweiler Brücke“ nahe Idar-Oberstein. Er brät sein Fleisch traditionell auf einem großen Rost über offenem Feuer,  so wie es einst schon Obersteiner Edelsteinsucher auf Reisen in Südamerika kennengelernt hatten. Veecks Qualitätsfleisch stammt inzwischen nur noch aus Deutschland und von einer Farm in Portugal.

 

 

 

 

 

 

Einst war  St.Johann ein Fischerdorf und Lachs gab es in Hülle und Fülle

24.8.23

Am 22.8. ist der Tag des Fisches. Eine gute Gelegenheit an das „alte Fischerdorf St. Johann“ zu erinnern. Fischfang  war lange eine wichtige Erwerbsquelle in der aufstrebenden Stadt und spielte eine wichtige Rolle für die Ernährung der Bevölkerung. Der Fischreichtum bestand unter anderem aus Hecht und Lachs. Die sind lange verschwunden, denn der Fluss fließt langsamer und ist zu warm geworden. Ab dem 19. Jahrhundert war es wichtiger, den Fluss für die Schifffahrt herzurichten und zu kanalisieren. Saarkohle wurde mit Treidelschiffen und „Penichen“, transportiert, die speziell hierzu gebaut wurden. Ihre Geschichte ist in diesen Tagen beim Traditionsschiff-Festival am Staden zu bewundern. Die verheerenden Folgen dieser Entwicklung sowie der Erwärmung des Flusses durch die Kraftwerke, die entlang des Laufs entstanden, sind jedoch kaum bewusst. Zwar ist es eher Legende als belegt, dass Bürgern in deutschen Städten um 1900 verboten wurde, ihren Hausangestellten mehr als drei Mal in der Woche Lachs vorzusetzen. Richtig aber ist: Fisch hat sich von der Überfülle zum Luxusprodukt gewandelt. Massive Verschmutzung der Bäche und Flüsse im 20. Jahrhundert hat einige Arten vollends vertrieben. Die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen mit natürlicher Ernährung und Artenvielfalt wurde dem Wirtschaftswachstum untergeordnet.

 

Heutzutage ist die Verschmutzung der Flüsse spürbar zurückgegangen, warm und langsam fließend sind sie geblieben. Einige Fischarten überleben in dem gewandelten Ökosystem. Zander etwa bevorzugt langsamere Gewässer und findet in Saar und Mosel reiche Beute. Die diesjährigen kulinarischen Wochen „Fischtime“ von Slow Food widmen sich dem geschmackvollen Speisefisch. Besonders an Herz legen möchte ich den Fischinteressierten die „Maimühle“ und „Buchna’s Landhotel Saarschleife“ im Dreiländereck sowie „Jouliard“ und „Unter der Linde“ in Saarbrücken, die ihre Ware traditionell von der Forellengut Rosengarten beziehen und gerade den Ehrgeiz haben, das beste Zandergericht zu kreieren.  

 

 

 

Teures Wasser im Restaurant, muss das sein?

10.8.23

In Schweizer Bergrestaurants ist es durchaus üblich, statt eines teuren Mineralwassers „Hahnewasser“ zu ordern. Das ist Wasser aus dem Kran und kostet nichts. Aus Südkorea und Japan wird berichtet, dass Wasser ohne Berechnung zum Essen gereicht wird. So ist es bei uns in Deutschland leider nicht. Mineralwasser – ob mit Prickel, medium oder still, hat einen stolzen Preis. Gelegentlich wird auch Tafelwasser angeboten, meist aus großen Gebinden abgefüllt und in Flaschen serviert. Wenn für einen Liter dann bis zu 10 € berechnet wird, kommt im Laufe eines Abends eine stattliche Summe zusammen. Ärgerlich! Warum geht es nicht mit einer Karaffe aus der Wasserleitung oder dem eignen Brunnen?

 

Leitungs- wie Mineralwasser wird größtenteils dem Grundwasser entnommen, das mit Brunnen aus Depots in tiefen Schichten angezapft wird. Salopp ausgedrückt läuft es nach rechts in die Leitungen der Gemeinden, nach links ins „Sprudelwerk“. Die deutsche Trinkwasserverordnung schreibt vor: Wasser aus der Leitung muss trinkbar sein. Die Marketingabteilungen von Mineralwasserunternehmen suggerieren uns allerdings, ihre Wässer hätten einen gesundheitlichen Mehrwert. Bei sogenanntem Heilwasser mag das wegen der Mineralien auch zutreffen, ansonsten wohl nicht. Dass exquisite Restaurants teure Wässer anbieten, die in edel gestaltete Flaschen gefüllt, aus Tiefenbrunnen gewonnen und über die halbe Welt transportiert werden, bevor sie auf dem Tisch stehen, ist wenig nachhaltig. 

 

 

Bei der Diskussion zum Wasserpreis mit Gastronomen höre ich die Meinung: Der hohe Preis ist Teil der Mischkalkulation, schließlich muss viel bezahlt werden. Jeder orientiert sich am Durchschnittspreis der Branche. Aber geht es wirklich nicht: Eine Karaffe aus der Leitung für 3 € pro Liter für „Aufwand und Service“ und angemessene sonstige Aufschläge? Übrigens: Wie wäre es mit Quellwasser - abgefüllt im Bliesgau? Das regionale Wasser von „Heimatquelle“ wird  beispielsweise im „Cafe Kostbar“ und im "Esplanade" in Saarbrücken angeboten. 

Unser täglich Brot sollte uns etwas wert sein

27.07.23

Viele Kunden lassen ihr Brot bereits in der Bäckerei in Scheiben schneiden. Die Scheiben sind dann angeblich gleichmäßiger und lassen sich besser einfrieren. Dass die Backware jedoch viel schneller austrocknet und erheblich an Geschmack verliert, das wird nicht bedacht. Keiner der Bäcker, die ich beim diesjährigen saarländischen Brotmarkt auf das Thema ansprach, käme auf die Idee, seinem Brot „die Seele herauszuschneiden“. Vielmehr schwärmen sie mit glänzenden Augen vom Genuss, es bis zum letzten Knüstchen immer wieder frisch an - und aufzuschneiden, damit sich Duft und Geschmack entfalten können. Ja, es gibt sie noch: die handwerklich arbeitenden Bäcker, die ihren Sauerteig pflegen, dem Teig viele Stunden Garzeit gönnen und den Ofen früh morgens in Gang bringen. Vor Jahrtausenden aßen unsere Vorfahren Getreidebrei. Mit Hefe und Feuer ist über die Zeit Brot im heutigen Sinn entstanden. Das Wissen darüber lebt weiter, scheint in vielen Großbäckereien aber über Bord geworfen zu sein, um industriell Billigprodukte herzustellen.

 

Entscheidend für gutes Brot ist eine lange Teigführung mit natürlichem Gärprozess. Den benötigen die komplexen Kohlehydrate des Mehls, um ausreichend abgebaut zu werden. Erst dann wird Brot bekömmlich und schmackhaft. Viele Unverträglichkeiten werden fälschlich auf Gluten zurückgeführt, sind aber Reaktionen auf den Teig, der noch nicht gar ist. Er gärt und bläht im Darm weiter. Die Backindustrie hat kein Platz mehr für vielstündige Teigführung.  Stattdessen kommen Emulgatoren und Zusatzstoffe zum Einsatz, Knetmaschinen behindern die Gärung, keine Hand fühlt mehr den Teig.


Die Luxemburger Brotmanufaktur „Pain et tradition“ ist ein Beispiel dafür, dass es auch noch anders geht und Hervorragendes beim Backwerk entstehen kann. Sie beliefert einige saarländische Gastwirte – so auch die „Mailmühle“ in Perl.  Auf der moselfränkisch geprägten Karte stehen Speisen mit Produkten aus dem Dreiländereck.  Wie wäre es zum Beispiel mit Salatteller und frischem Baguette von „Pain et tradition“, gefolgt von Cordon bleu vom Wildschwein und dazu ein Riesling aus Perl?   

 

  

Respekt der veganen Bewegung: sie verändert Küche und Kochen

12.07.23

Vegan ist im Trend. Die Verfechter haben gewichtige Argumente:  Massentierhaltung sorgt für immense Umweltschäden, Videoszenen aus riesigen Ställen und Großschlachtereien sind wahrlich harte Kost! Fleischgenuss kann außerdem gesundheitlich bedenklich sein, wenn die Tiere in Intensivhaltung mit Antibiotika behandelt werden und schadstoffbelastetes Futter bekommen. Das überzeugt zwar nicht jeden zum Veganismus – aber der Fleischkonsum sinkt! Den Köchen gibt das einen gewaltigen Schub in eine neue Richtung. Sie sind dabei, die wunderbare Vielfalt der fleischlosen Lebensmittel mit Kreativität neu zu entdecken. Die Tür zu abwechslungsreichen Gerichten mit ganz neuen Kombinationen ist weit aufgestoßen. Gemüse zu veredeln, so dass es zum geschmacklichen und gesellschaftlichen Erlebnis wird, braucht sehr viel mehr Gedankenarbeit, als ein gutes Stück Fleisch auf den Punkt zu braten und interessant zu kombinieren. Wie Sauerkraut oder Sauerteig entstehen, wussten schon unsere Vorfahren. Mit dieser „Fermentation“ lässt sich mannigfaltig zaubern, Kimchi ist auf dem Siegeszug. Meisterhaft fand ich die Blumenkohlkomposition eines Sternekochs in Trier, die nicht als langweiliges Gemüse daherkam, sondern in einer Variation von hauchfein geschnittenem Carpaccio, perfekt gewürztem Püree, fein gedünsteten Rösschen und fast nussiger Crème. Wie köstlich Tomate schmecken kann, erlebte ich bei einem Gang, der alle Texturen auf und um einen hauchfeinen Filouteig drapierte. Beim Dessert Zitronensorbet mit Selleriesud zu servieren, das erfordert Mut!

Schon seit Jahrzehnten ist die Liebenswürdigkeit und Originalität von „Ritas Natur- und Vollwertküche“ in Schmelz zu bewundern. Nicht alles ist vegan oder vegetarisch. Aber Rita kann als Pionierin gelten, sie hat den Anteil von tierischen Lebensmitteln bewusst reduziert. Mit ihren reizvollen Mischungen von naturbelassenen und regionalen Nahrungsmitteln tritt sie schon lange den Beweis an, dass fleischarme Speisen gesund und nahrhaft sind und zudem noch genussvoll schmecken!

 

 

Karotten: ob warm oder kalt, sie schmecken eben

22.06.23

Anfangs war die Möhre weiß-gelb. Ihre orangene Farbe erhielt sie in Holland. Landwirte züchteten ihr dieses Aussehen an, denn die Farbe der „Oranjer“ galt als etwas Besonderes. Ursprünglich aus der Region der heutigen Länder Iran, Syrien und Türkei stammend, wanderte sie immer weiter nach Nordwesten. Ab dem 16. Jahrhundert kultivierten in Frankreich und Holland findige Mönche und Züchter neue Sorten, die sich für das europäische Klima und die Bodenverhältnisse eigneten.

Als Kind naschte ich heimlich Möhrchen aus dem Gemüsebeet meiner Oma. Ich wusste genau, wann der richtige Moment, sie aus dem Boden zu ziehen, ohne dass es auffiel. Die übrig gebliebenen hatten dann sogar mehr Platz und wurden dicker - zur Freude meiner Großmutter. Im Anbau von Gemüsebauer Roman Denis in Lisdorf würde das bestimmt auffallen. Als ich ihn im Januar besuchte, saß er in seine Pflanzplanung vertieft am PC. Diese Vorbereitung ist enorm wichtig: Wann und wo wird welche Sorte ausgesät? Sie sind nach etwa 90 bis 150 Tagen erntereif und mit geschickter Organisation können fast ganzjährig heimische Karotten angeboten werden. Das wertvolle Gemüse punktet mit vielen Mineralien und Vitaminen. Was ich als Kind nicht wusste: Gekocht sind sie am gesündesten und verträglichsten. Carotin ist fettlöslich, es empfiehlt sich also ein Schuss Öl bei der Zubereitung - auch im Smoothie!

 

Die Suche nach meiner Restaurantempfehlung hat mich etwas betrübt. Gekochte Karottenscheibchen, abgekühlt und mit Knoblauch, Petersilie und Olivenöl serviert, sind ein „Muss“ in andalusischen Restaurants. Aktuell sind sie auf den Speisekarten der hiesigen Tapas-Bars leider nicht zu finden! Auch „Mourtenspeis“ (moselfränkische Art von Kartoffel-Möhren), die Michael Buchna vom „Landhotel Saarschleife“ in Orscholz zum Kochbuch „Gudd gess deluxe“ beitrug, fehlt aktuell in der Karte des Hauses. Bestimmt wird noch auf die richtigen Frühkartoffeln gewartet… Egal - auf der regional raffinierten Karte findet sich immer etwas Feines.    

 

 

Tag der biologischen Vielfalt führt zu den Glanrindwochen

25.05.2023

Die UN haben am 20. Mai den „Weltbienentag“ und am 22.5. den „Internationalen Tag zur Erhaltung der Artenvielfalt“ ausgerufen. Beide Tage  weisen uns darauf hin, dass die Zukunft unserer Ernährung und Gesundheit in großer Gefahr ist. Bienen sind durch Krankheiten, Monokulturen und Chemieeinsatz auf Äckern und Feldern existenziell bedroht. Weniger Bienen bestäuben weniger Blühpflanzen, der Ertrag an Obst und Gemüse geht stark zurück. Wissenschaftlich nachgewiesen wurde der dramatische Schwund der Insekten durch die „Krefelder Studie“ von 2017. Demnach ist in den untersuchten Regionen Deutschlands die „Fluginsekten-Biomasse“ von 1990 bis 2017 schon um sagenhafte 75% geschrumpft!

 

Direkt vor unserer Haustür verschwinden Wildtiere, Insekten und Vögel. Ihre Rückzugsgebiete fallen der Intensivierung der Landwirtschaft zum Opfer. Wenn Felder mit Tierfutter bestellt werden müssen, um Rinder in Ställen füttern zu können, dann läuft etwas gewaltig schief. Es fehlen Flächen, auf denen Weidetiere grasen können. Damit bleiben die genetische Vielfalt und der Mix von Pflanzen und Tiere aus, den wir für ein Gleichgewicht dringend benötigen.

 

Mit der „Arche des Geschmacks“ will Slow Food regional bedeutsame Nutztierarten und Kulturpflanzen vor dem Verschwinden bewahren. Hiesiger Arche-Passagier ist das „Glanrind“, dem die aktuellen „Glanrindwochen“ gewidmet sind. Diese Rasse wurde vor 250 Jahren auf Weisung eines vorausschauenden Herzogs gezüchtet. Es passt wunderbar in das karge Land des Glan-Tals von der Quelle bei Bexbach bis zur Mündung in die Nahe.
Heute lebt wieder eine ansehnliche Zahl von ihnen ganzjährig auf Wiesen, die ohne Düngung Oasen der Vielfalt sind. Der Keimbacher Hof, Markus Linn aus Pölert und Steffi Meiers aus Losheim haben sich dieser seltenen Rasse gewidmet und versuchen, sie zu erhalten. Unter dem Motto „Erhalten durch Aufessen“ liefern sie den Gastronomen während der Glanrind-Aktionswochen das Fleisch. Übrigens verkaufen sie auch direkt an Endverbraucher!

 

 

 

"Zweierlei vom Reh" - Warum Wild nicht nur im Winter schmeckt

11.5.2023

Jeder kennt das Maibock-Bier. Diese Variante des Bockbiers wird zwischen der Fastenzeit und dem sommerlichen Angebot von Vollbieren gebraut und getrunken. Der Braubranche ist es also meisterlich gelungen, die winterliche Bockbiersaison ins Frühjahr zu verlängern. Dass „Maibock“ ursprünglich von der Rehbockjagd herrührt, ist leider in Vergessenheit geraten. Traditionell wurde die Jadgsaison zum 165.5. eröffnet. Zwischenzeitlich ist das Ende der Schonzeit schon in den April gerutscht. Wildfleisch schmeckt dann besonders lecker, weil die Tiere sich in der Zeit von den feinen Pflanzen des Frühlingswaldes ernähren. Als „Konzentratselektierer“ fressen sie das Beste, was der Wald hergibt, nehmen sie sich so die besten Triebe von den Bäumen, Sträuchern und Bodenpflanzen. Es handelt sich beim Maibock also um bestes „Biofleisch“, zwar ohne ein Siegel, aber frei von Hormonen und Medikamenten sowie kalorienarm. Außerdem ist es regional und saisonal! In der Zeit des Maibocks ist einheimisches Wild im Saarland bei rund 15 spezialisierten Wildmetzgern im Angebot. Viele Jäger verkaufen direkt ihr Fleisch oder vermitteln Wildverkaufsstellen. Fein säuberlich zerteilt finden sich dort Rücken oder Keulen sowie fertige Bratwürste, Salami oder Schinken. Auf Wunsch sind auch weniger prominente Teile für eigene Kreationen wie etwa Füllungen zu bekommen. Mit passenden Beilagen aus der Frühlingsküche kann Maibock auch – passend zur Saison - eine eher leichte Köstlichkeit bleiben. Denn es braucht keine schweren Saucen und winterlichem Gemüse, um Wildbret zu geniessen.
Meine besondere Restaurantempfehlung ist Bernd Rech, selbst Jäger, vom „Gasthaus Rech“ in Eppelborn-Habach. Er hat sein Handwerk in besten Adressen Deutschlands gelernt und kombiniert feine Kochkunst mit regionalen Produkten und bodenständigen Rezepten. Für den nächsten Maibock sieht er „Zweierlei vom Reh“ vor - ein Ragout aus der Keule mit Kräutercrêpe und Cassisfeige sowie Rücken mit feiner Kruste. Weidmannsheil und guten Appetit! 

 

 

Am liebsten beides: regional und Bio

27.04.2023

Bio sei unnötig teuer, Lebensmittel sollten vor allem regional sein, höre ich immer wieder. Das denke ich nicht! Biobauern schränken den Gebrauch chemisch-synthetischer Unkrautvernichtungsmittel und Düngemittel ein, verzichten auf viele Praktiken der industriellen Lebensproduktion wie z.B. Bestrahlung und Konservierungsstoffe. Das ist für die Bio-Bauern ein wichtiges Anliegen, denn hier lauern nicht nur Gefahren für die Umwelt, sondern auch Risiken für jeden Einzelnen. Die Belastung des Körpers mit Schadstoffen ist ein zentrales Thema des Ökolandbaus. Im Saarland begannen vor etwa 40 Jahren einige Landwirte damit, ihre Arbeitsweise zu verändern, weil sie selbst gesundheitliche Probleme hatten, die sie auf die eingesetzten Mittel aus konventioneller Landwirtschaft zurückführten. Solche persönlichen Bedenken veranlassten viele, sich dem 1971 gegründeten Verband „Bioland“ anzuschließen, neben „Demeter“ einem der Pioniere der Ökolandwirtschaft. Heute gehört ein Drittel der 140 saarländischen Biobetriebe zu „Bioland“. Ihre Standards verlangen mehr als andere, Beitrag und Prüfungsgebühren liegen höher. Wer mit „EU Bio“ zertifiziert ist, muss weit weniger Regeln einhalten. Was natürlich nicht heißt, dass jeder Landwirt, der nach „EU Bio“ oder gar nicht zertifiziert ist, ohne Hemmungen alles auf Äcker sprüht, was zulässig ist. Wir Verbrauchern sollten mit den Selbstvermarktern der Region in Kontakt treten und nachfragen. Am besten Bio und regional! Noch besser „Bioland“ statt „EU-Bio“!    

 

Kurz hinter Kleinblittersdorf liegt der „Wintringer Hof“, ein historischer Kulturort mit Hofbetrieb und Hofladen - mittendrin ein Landgasthof mit Biergarten. Der eigene Obst- und Gemüseanbau sowie die Schweine - und Rinderzucht des Biolandbetriebes liefern die Grundlage der Speiskarte. Die zugekauften Produkte müssen ebenfalls einem Biostandard (wenn auch nicht zwingend dem von „Bioland“) entsprechen. Alle Produkte des Wintringer Hofs und der Partnerbetriebe können im Hofladen gekauft werden – er ist also einen Ausflug wert!

 

 

Wo gibt's zur Osterzeit noch Eiersalat?

13.04.2023

Das Ei ist der Anfang vieler Lebewesen. Sie schlüpfen aus der Kalkschale, die gefüllt ist mit Allem, was zum Wachsen dazu gehört: hochwertiges Eiweiß, reichlich

Vitamine und Mineralien. Für uns Menschen ist das Ei ein beliebtes Lebensmittel, verwendbar zum Backen und für allerlei Speisen vom Frühstücksei bis zu den bunten

Ostereiern. Der Konsum der Deutschen an Eiern ist enorm (über 20 Milliarden pro Jahr). Dafür sind viele Hühner notwendig. Ihre Eier wiegen kaum 60 Gramm. Würden wir

Krokodile (ihre Eier bringen es auf 2,5kg!) für diesen Be-darf züchten, gäbe es bestimmt heftige Proteste, weil die armen Tiere in engen Gehegen zusammengepfercht würden. Gegen die Haltung des Federviehs ist der Aufschrei dagegen eher piepsig. Die Eierindustrie „produziert“ für ihre gigantisch großen Ställe Legehennen in Vermehrungsbetrieben, Brütereien und Aufzuchtbe-trieben. Die meisten Eier stammen aus industriellen Abläufen. Der Stempelabdruck auf der Schale verrät Qualität und Herkunft. 0 bedeute Bio-, 1 Freiland-, 2 Boden- und 3 Kleingruppenhaltung. Ziffern und Buch-staben dahinter nennen Land und Bundesland, sogar den Stall. Bei Kleingruppenhaltung haben die Tiere weniger

 

Fläche als ein Din-A 4 Blatt zum Leben. Lediglich 13% stammen aus Biohaltung mit mehr Freiraum. Idyllische Bilder sowie phantasievolle Namen auf den Umverpack- ungen suggerieren, dem Geflügel ginge es gut.Dem ist aber leider nicht so - der Stempel verrät es letztendlich doch. Am besten geht es den Hühnern in Hühnermobilen. Einige Landwirte nutzen dieses Stallsystem für etwa 250 Tiere, sofern sie das Gelände haben, um den Stall regel-mäßig auf eine frische Wiese umzusetzen. Da haben die Tiere reichlich Platz zum Scharren und Picken!

 

Heutige Hühnerrassen sind so gezüchtet, dass sie ganzjährig legefreudig sind – an Ostern legen sie leider nicht mehr Eier! So findet sich aktuell kaum leckerer Eiersalat auf einer Gasthauskarte. Den letzten aß ich in der Saarbrücker „Diskontoschenke“. Die Speisekarte dort ist mit klassisch saarländischen Gerichten für den kleinen oder großen Hunger bestückt. Empfehlenswert!

Bouillabaisse, die legendäre Fischsuppe aus der Provence

30.03.2023

Was hat es eigentlich mit der legendären Bouillabaisse auf sich? 2018 wurde Tim Mälzer für das Fernsehduell „Kitchen impos-sible“ nach Saarbrücken ins „Le Noir“ geschickt. Das Format dieser Sendung sieht vor, dass Köche in eine Fremdküche

verschickt werden und ein besonderes Gericht des Restaurants exakt nachkochen müssen. Aufgabe war damals die beliebte Bouillabaisse des Hauses. Eine Jury von Stammgästen hatte zu beurteilen, ob das Duplikat genauso schmeckt wie das Original. Das tat es zwar nicht, aber es mundete dennoch!

Vor Jahrhunderten bereiteten Fischer oder ihre Frauen diese Suppe aus Fischresten zu, seitdem entstanden viele neue Varianten. Ursprünglich war es ein „Armeleuteessen“ in Marseille. Mit der Zeit wurde daraus eine wertvolle Delikatesse, verfeinert mit teuren Fischen und Safran. Ihr Charakter entsteht mit dem Basisfond, für den grätenreiche Felsenfische mit Kräutern und Gemüse lange köcheln. Hierein folgen Fische wie Seeteufel, Petersfisch, oder Wolfsbarsch. Gewürzt und abgeschmeckt wird mit Wein, Noilly Prat oder Pastis. Die Fischsuppe kann übrigens

in zwei Gängen serviert werden (zunächst die reine Suppe ohne Einlage, anschließend die Fischstücke separat) oder in einem Gang, dann ist sie oft sämig und direkt mit Fisch oder Muscheln angereichert.

 

Zwingend hinzu gehören Croutons, geriebener Käse und Rouille. Croutons werden vorab geröstet (früher waren es

trockene Weißbrotscheiben), Rouille ist mit Eigelb, Öl, Knoblauch, Paprika schnell herzustellen.

Das Wissen um die elegante Bouillabaisse ist mit dem Ende des „Le Noir“ nicht verschwunden. Bei Jens Jakob (dem Begründer und Inhaber) lebt es im Saarbrücker „Le Comptoir“ weiter, ebenso bei Peter Wirbel (damals Küchenchef), jetzt im St. Ingberter „Le Midi“. Bedauerlicherweise steht sie dort nicht immer auf der Karte. Eine feine Spielart findet sich im „Gasthaus Zahm“ in Saarbrücken. Unbedingt zu empfehlen ist auch die Suppe im Glas vom Fischhändler Weyand. Sein Verkaufswagen steht an wech-selnden Standorten, u.a. in Heiligenwald, St. Ingbert und Neun-kirchen.


Das französische Menu ist Teil des immateriellen Weltkulturerbes

16.03.2023

Die Unesco führt das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes, ein buntes Spektrum an Traditionen, Künsten und Bräuchen. Es reicht von Samba und Flamenco über Falknerei und Chorgesang bis zum Orgelbau und der Teppich-Webkunst. 2010 wurde das französische Menu, die „Cuisine Francaise“ in den Katalog aufgenommen: das gemeinsame mehrgängige Essen mit Vor-, Haupt- und Nachspeise, dazu begleitende Getränke. Das ist einfach mehr als nur die Nahrungsaufnahme. Sich in angenehmer Atmosphäre Zeit füreinander nehmen, gute Gespräche führen und die Speisen bewusst wahrnehmen, das hat sich zu einem Ritual entwickelt. Es ist ein wichtiger Teil des Lebens – egal ob im Kreis der Familie oder mit Freunden und Bekannten. Nicht selten entwickeln sich sogar Flirts und neue Freundschaften dabei. Wie bedauerlich, dass die sogenannten „Geschäftsessen“ wegen Compliance und der Maßlosigkeit Einzelner außer Mode geraten sind! Bietet das doch die Möglichkeit, „über den Tellerrand hinaus“ zu schauen oder mit dem Tischnachbarn auch privat ins Gespräch zu kommen. Nicht nur in Frankreich wird beklagt, dass durch das schnelle Einnehmen von Fertiggerichten und das unaufmerksame Verspeisen beim gleichzeitigen Blick auf Smartphone oder Fernsehen ein großer Kulturverlust entstanden ist.  

 

Die Kunst beginnt aber schon beim Kauf und der Zubereitung der Produkte, die  hochwertig und vorzugsweise lokal sein sollten. Die gekonnte und wohlüberdachte Auswahl von Speisen und Getränke ist mit entscheidend für das Gelingen des „gastronomischen Mahls“.

    

Im „Cafe de la paix“ in Grosbliederstroff, wird diese gastronomische Tradition hochgehalten und gelebt. Das lothringisch-gutbürgerliche Gasthaus wird in dritter Generation von Vincent Jespere geführt. Mit Handschlag begrüßt er seine Gäste. Das Menü beginnt mit einem Aperitif und endet mit einem Stück selbstgemachten Kuchen zum Kaffee. Und wer für den Heimweg die Friedensbrücke nach Kleinblittersdorf überquert und die Saarbahn nutzt, kann sich auf begleitende Weine und einen Digestif einlassen. Wahrlich: das ist Kultur.